Alleinerziehende allein gelassen – sind ja auch nur 1,4 Mio. Frauen!

Bundesfinanzminister Schäuble will entgegen dem Koalitionsvertrag eine Anhebung des steuerlichen Entlastungsbeitrags für Alleinerziehende nicht umsetzen. Dass er so einfach mal über den Koalitionsvertrag hinweg geht und dafür auch noch Applaus von Parteikolleginnen und -kollegen erhält, ist ja nichts Neues. Dass er dies besonders gerne tut, wenn es um Themen geht, die besonders Frauen betreffen, auch nicht.

Alleinerziehende passen einfach nicht in das antiquierte, patriarchalische, heile Familienbild der CDU/CSU. Es sind ja auch in der Mehrzahl nur Frauen die in Deutschland ihre Kinder allein betreuen und erziehen, laut statistischem Bundesamt von insgesamt 1,6 Millionen Alleinerziehenden 1,4 Millionen Frauen. (Auf dem Weg zur Gleichstellung? Bildung, Arbeit und Soziales – Unterschiede zwischen Frauen und Männern, 2014).

1,4 Millionen Frauen betreuen und erziehen vorwiegend kleine Kinder – die ca. 200.000 alleinerziehenden Väter in der Mehrzahl ältere Kinder. Diese Frauen sind wirkliche Alltagshelden. Sie meistern all dass, was sich in einer Zweielternfamilie auf zwei Personen verteilt, alleine. Sie betreuen und erziehen ihre Kinder alleine, sie meistern den Haushalt alleine, sie arbeiten, um für ihre Familie den Lebensunterhalt alleine zu verdienen. Und werden dafür noch durch die Reformen im Unterhalts-, Steuer- und Sozialrecht der letzten 10 Jahre bestraft, wie die neue Studie der Bertelsmann-Stiftung: „Alleinerziehende unter Druck“ gerade belegt.

Wären es 1,4 Millionen alleinerziehende Männer, dann wäre ihnen schon unter der Regierung Gerhard Schröders jede Unterstützung aller Parteien sicher gewesen. Die CDU/CSU Bundestagsfraktion hätte sich überschlagen, um den „armen“, alleinerziehenden Vätern staatlicherseits unter die Arme zu greifen: Ausreichende Betreuungsmöglichkeiten für die Kinder, staatlich finanzierte Haushaltshilfen, bedarfsgerechte staatlich gesteuerte Unterstützung und Einflussnahme auf die Wirtschaft, damit die Männer möglichst schnell wieder ihre Arbeitsplätze einnehmen können, jede nur mögliche steuerliche Entlastung, damit die „armen“ Männer und ihre Kinder nicht einem Armutsrisiko ausgesetzt wären und sie würden wahrscheinlich alle für das Bundesverdienstkreuz vorschlagen?!

Aber Alleinerziehende in Deutschland sind eben vor allem Frauen. Sie kommen in dem antiquierten patriarchalischen Bild der heilen, glücklichen Zweielternfamilie besonders bei der CDU/CSU einfach nicht vor, sie gehören zum „Gedöns“, um dass ein Staat und seine Vertreter sich nicht kümmern müssen, weil es Wichtigeres gibt. Obwohl sie die nächste Generation großziehen, die diesen Staat am Leben hält. Das ist ja auch von den Herren und Damen der Politik so gewünscht, dass die Frauen Kinder zum Wohle der Gesellschaft gebären. Sie sollen ja schließlich die Rente und Pflege absichern, Steuern zahlen und ihre Abgeordnetendiäten finanzieren. Sind die Frauen aber nicht mehr in einer Zweielternfamilie, sondern alleinerziehend, dann sind ihre Kinder plötzlich reine Privatsache. Dann gehen sie den Staat nicht mehr viel an.

Es betrifft ja eben auch nur hauptsächlich Frauen! Das galt schon beim Kampf um die  Mütterrente – und den Frauen, die Kinder vor 1992 betreut haben, fehlt immer noch ein Rentenpunkt. Von Altersarmut sind ja meist auch nur Frauen betroffen, da muss sich doch die Politik nicht kümmern. Die jahrelange Verschleppung der Neuregulierung des Prostitutionsgesetzes betrifft ja auch hauptsächlich nur Frauen, die ohne wirksamem Schutz sexueller Gewalt und Menschenhandel ausgesetzt sind. Und es geht doch nur um eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen, wozu eine gesetzliche Frauenquote? Es betrifft doch nur Frauen, die immer noch im 21. Jhrdt. weniger verdienen als Männer, wozu ein Gesetz zur Entgeltgleichheit?

Es betrifft doch nur Frauen, warum sollte sich denn eine CDU/CSU-Bundestagsfraktion für deren Belange einsetzen, warum die Männer anderer Parteien? Aber 50 Prozent der deutschen Bevölkerung sind Frauen, das sind rund 41 Millionen Wählerinnen. Und 1,4 Millionen alleinerziehende Frauen sind 1,4 Millionen Wählerinnen, das sollten alle Parteien nicht vergessen!

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