Jetzt kommt sie also doch, die heiß umkämpfte Frauenquote in Aufsichtsräten. Von vielen Frauen gewünscht als symbolischer Akt: „Es reicht jetzt!“, von vielen Männern, besonders von vielen „schwarzen“ Männern in der Politik genau deshalb bekämpft. Soviel ist klar, der Untergang der deutschen Wirtschaft steht mit der Einführung einer 30-prozentigen Frauenquote ganz sicher nicht bevor. Der jetzige Gesetzentwurf in dieser abgespeckten Form birgt nun wirklich keine Gefahr für irgendwen. Wieso auch? Die real existierende Männerquote in den Aufsichtsräten von börsennotierten Unternehmen wird jetzt sogar bei 70 Prozent per Gesetz festgeschrieben. Also, genug gekaudert, es ändert sich doch in realiter nichts und dieses 30 Prozent-Frauenquötchen tut doch nun wirklich niemandem weh!
Niemandem? Doch, sie schmerzt viele „schwarze“ Männer in CDU und CSU. Werden sie doch von der Kanzlerin kurz vor dem CDU-Bundesparteitag in der kommenden Woche aus ihren patriarchalischen Männerkuschelhöhlen ins 21. Jahrhundert geschubst. Das ist ein Quantensprung für die schwarzen Parteien. Hinter dieses klare frauenpolitische Signal können CDU und CSU nicht mehr zurück. Die „schwarzen“ Männer werden dieser langjährigen Forderung von Frauen (und auch einigen Männern) zähneknirschend im Bundestag zustimmen müssen.
Das tut auch wirklich weh! Die, von ihnen selbst gerne so genannte „Mutti“ hat ihre CDU/CSU-Jungs zur Ordnung aufgerufen und die Richtung vorgegeben!Pünktlich vor dem Bundesparteitag in der kommenden Woche hat Angela Merkel den Männern und auch den Frauen eine klare Ansage gemacht. Die „Zonenwachtel“ und „Mutti“ hat sich bei der „weinerlichen Küstenbarbie“ (Der Spiegel, Nr. 49, S.28) entschuldigt für die Äußerungen ihres Fraktionsvorsitzenden. Das ist ein Novum für die Herren der CDU/CSU. Die Bundeskanzlerin und Parteivorsitzende Dr. Angela Merkel ist anscheinend nicht mehr bereit, daran vorbei zu sehen, dass wir uns auch in Deutschland im 21. Jahrhundert befinden, dass wir zwar einen schönen Artikel 3 Absatz 2 des Grundgesetzes haben, aber Deutschland einen geradezu peinlichen 12. Platz im Gleichberechtigungsranking der Nationen Global Gender Gap Report innehat.
Das Novum: In Deutschland wurde mit der Entscheidung für die Frauenquote ein frauenpolitisches Interesse von oberster politischer Führung gegen den Willen der eigenen Regierungspartei durchgesetzt. Diesen politischen Erfolg haben wir neben Angela Merkel weniger Manuela Schwesig, als vielmehr Ursula von der Leyen zu verdanken, die das Ziel einer gerechten, gleichberechtigten Teilhabe von Frauen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft in ihrer Partei hartnäckig verfolgt hat.
Und jetzt kaudern sie sehr, die „schwarzen“ Männer. Sie sind gezwungen ihre patriarchalischen Denksysteme aufzugeben. Denksysteme, in denen Frauen als schmückendes Beiwerk für Herrenrunden, als „nette“ Mädchen, mit denen Mann väterlich umgeht, als nützliche Verfügungsmasse zur Zementierung der eigenen politischen Macht, als PR-Wahlaktionen oder zur Verhinderung von eigenständigen, kompetenten Frauen benutzt werden.
Bisher hat das doch alles immer so gut funktioniert. Bisher hatten die Herren doch unhinterfragt die Macht in den Parteien inne. Sie bestimmten in ihren Hinterzimmer-Herrenclubs und durch ihre männerdominierten Delegiertensysteme, wer in der Partei kandidieren durfte, wer welchen Listenplatz erhielt und wer welche politische Führungsaufgabe übernehmen sollte. Sie bestimmten, welche politischen Themen in Deutschland wichtig sind. Dazu gehörten bisher in den seltensten Fällen die sog. „Gedöns-Themen“. Ging es dann doch um ein solches, wollten sie es über die Köpfe der Frauen hinweg aus ihren patriarchalischen Denksystem heraus entscheiden.
Innerparteilich protegierten und protegieren sie bis heute vor allem gleichgesinnte, junge „schwarze“ Männer und „nette“ junge Frauen, in Einzelfällen auch Frauen, die sich bei der Zementierung ihrer Macht verdient gemacht haben. Gefördert werden junge Menschen, die sich wohl und geborgen fühlen in diesen patriarchalischen Denksystemen und die keinesfalls die Überordnung des Mannes über die Frau und die „natürliche“ Rolle der Frau als Mutter und Kinderbetreuerin anzweifeln würden. Von der kommunalen über die Landes- bis hin zur Bundesebene funktionierte dieses System bisher hervorragend.
Deshalb ist für diese Herren die Einführung einer gesetzlichen Frauenquote ein fatales Signal. Es macht ihnen Angst. Sie beschwören den Schaden für die deutsche Wirtschaft, meinen aber die Gefahr für ihr bisher so gut funktionierendes Patriarchatssystem Partei. Da kommen Gleichberechtigung und partnerschaftliches Miteinander bisher nur als leere Worthülsen vor. Der letzte Generalsekretär der CDU, der sich aus Überzeugung für eine gerechte, partnerschaftliche Beteiligung von Frauen in der CDU eingesetzt hat, war Heiner Geissler. Seitdem bleibt es bei Lippenbekenntnissen des jeweiligen neuen Generalsekretärs: „Jetzt, jetzt endlich wird die CDU aber wirklich weiblicher!“ Peter Tauber gefällt sich im 21. Jahrhundert noch als Generalsekretär einer Partei, der mit dem Wort Feminismus nichts anfangen kann (FAZ v. 07.07.2014). Ihm liegen in patriarchalischer Manier mehr die „netten“ CDU-Frauen, die ruhig, geduldig und still darauf warten, dass sie von Herrens Gnaden auch mal in der Politik mitspielen dürfen. Und so stagnieren die Zahlen der weiblichen CDU-Abgeordneten in den Kommunal- und Länderparlamenten, im Bundestag und Europaparlament weiter bei ungefähr 30 Prozent. Die Zahl der weiblichen Bürgermeister, Oberbürgermeister und Landräte liegt noch weit darunter. Bei den politischen Führungspositionen bleibt es ebenfalls bei ungefähr 30 Prozent. Dafür sorgt schon die Überzahl männlicher Delegierter, die, wie auch wahrscheinlich beim diesjährigen Bundesparteitag, das Parteigeschehen dominieren.
Eine Partei wird eben nicht einfach weiblicher, indem Mann auf jedem Foto nun wenigstens eine Frau, möglichst noch in der Mitte, präsentiert. Sie wird nicht weiblicher, indem männerdominierte Gremien ein paar „nette“ junge, unbedarfte Frauen vor Wahlen auf vordere Listenplätze setzen. Die dann von Herrens Gnaden hauptamtliche Mandate besetzen und aus Dank dafür die Macht dieser Gremien weiter zementieren. Eine Partei wird auch nicht weiblicher, indem Mann den Frauen sagt, was gut für sie ist und was nicht, statt sie zu fragen, was sie eigentlich wollen. Und mit diesem antiquierten Frauen- und Familienbild wird die Partei auch in Zukunft in den Städten keine Wahlen gewinnen. Sie wird die Frauen weiter verlieren.
Als Parteivorsitzende tat Angela Merkel gut daran, in der Frage der Frauenquote eindeutig Position zu beziehen. Und Ursula von der Leyen, dieses Ziel hartnäckig zu verfolgen. Beide Frauen wissen, dass die Partei im 21. Jahrhundert nur überleben wird, wenn sie sich dem gleichberechtigten, partnerschaftlichen Miteinander von Männern und Frauen öffnet, sich vom antiquierten, patriarchalischen Frauen- und Familienbild verabschiedet und die „schwarzen“ Männer sich bewusst für eine gerechte Abgabe und Teilung der Macht entscheiden.