Nehmen Sie es doch nicht persönlich – es ist nur die #SocialMedia World!

Anfang November zog ich mich aus persönlichen Gründen aus den Social Media Facebook und Twitter zurück. Mehr als 12 Wochen ohne Social Media Informationen, persönliche Stellungnahmen, politische Kommentare, Austausch, Gefällt-mir-Klicks, Tweets retweeten und retweetet werden, kein Liken, kein Teilen von Beiträgen – ich habe es ausgehalten.

Und doch kamen immer wieder die Fragen: Was ist inzwischen in der Social Media Welt geschehen? Wie geht es den realen Menschen, mit denen ich verbunden bin, meinen Followern und “Freunden“? Habe ich etwas Entscheidendes verpasst? Konnte ich wichtige Informationen nicht weitergeben? Was ist mit dem weltweiten Engagement für die Menschenrechte? In zwölf Wochen kann so viel geschehen und – ich war nicht dabei?

Und auch die Unsicherheit: Bin ich jetzt draußen? Habe ich Follower und “Freunde“, Follower meines Blogs verloren? Ist meine Abwesenheit überhaupt jemand aufgefallen? Hatte meine Anwesenheit in den Social Media für jemand eine reale Bedeutung? Darf ich wieder mitreden, wenn ich jetzt in diese Welt zurückkehre?  Es war eine bewusste Entscheidung, dem persönlichen privaten Leben den Raum zu geben, den es Anfang November 2018 vehement einforderte. Der Zeitumfang, den meine Teilnahme am Social Media Leben verbrauchte, war entschieden zu hoch. Diese Zeit stand für mich Anfang November nicht mehr zur Verfügung. Die Aufmerksamkeit, die das Social Media Leben einforderte, wurde im realen privaten Leben dringend gebraucht.

Aber da war noch mehr. Ich verlor zunehmend die Achtsamkeit im Umgang mit meiner eigenen Sprache. Auch das Bewusstsein und die Achtsamkeit, dass es Menschen sind und bleiben, die sich hinter nicht identifizierbaren Accounts verstecken und von dort aus in den Social Media Welten austoben, ging verloren. Ich wurde wütend über Respektloses, Unmenschliches, über sprachliche und psychische Gewalt im Netz. Die Gefühle von Hoffnungslosigkeit, Hilflosigkeit und Ohnmacht angesichts der massiven Menschenrechtsverletzungen in der Welt, die durch die Social Media Welt fluten, nahmen überhand. Ich ließ mich aber auch provozieren von unbedachten, daher getwitterten, teils “dummen“ Bemerkungen von Personen des öffentlichen Lebens, von denen ich sachlich fundierte, reflektierte Aussagen und Informationen erwartete. Das Untergehen gut recherchierter, sachlicher, auf Tatsachen beruhender Informationen in einer Flut von undifferenzierten, unreflektierten, rein persönlichen Einschätzungen und Meinungen in einem ungefilterten Nebeneinander und Durcheinander, ließ mich an der Möglichkeit eines sinnvollen Gebrauchs der Social Media zweifeln.

Nun kehre ich zurück und frage mich: „Was habe ich wirklich vermisst?“: Besonders die internationale Gemeinschaft von Menschen, die sich konsequent und beharrlich für die Einhaltung der Menschenrechte in der Welt engagieren. Damit verbunden die Hoffnung, mit meinen bescheidenen Beiträgen, Retweeten und Teilen mithelfen zu können, dass irgendwo in der Welt ein Mensch sein Recht, seine Freiheit, seine Würde und Gerechtigkeit erhält. Die Möglichkeit, sich mit anderen Menschen kurz und schnell auszutauschen und gemeinsam ein wenig die Social Media Welt positiv zu beeinflussen. Die bereits nach sachlichen, reflektierten Kriterien gefilterten Informationen anderer Social Media Nutzer, deren Kommentare, Links, Hinweise und Anregungen. Alles das, was mich in meinem eigenen Denken weiterbringt. Den Spaß, den Tweets und Posts mir immer wieder brachten. Das Staunen über Gedankengänge anderer Menschen. Das Lernen von Social Media Teilnehmer*innen, die Welt auch mal von einer anderen Seite zu betrachten. Die Freude über gute Worte und Sätze, die mich täglich im realen Leben begleiteten. Die immer wieder kehrende Übung, mit wenigen Worten zu versuchen, das Wesentliche zu sagen.

Ich kehre jetzt in die Social Media World zurück. Mit dem Bewusstsein, dass es nur eine virtuelle Welt ist und bleibt. Deren Bedeutung, Aussagekraft, Relevanz und Inhalte immer mit der gelebten Realität gegen zu lesen ist. Diese Welt trägt eine völlig überdimensionierte Bedeutung vor sich her, die wir alle ihr verliehen haben. Dabei bleibt sie immer relativ, denn in ihr spiegelt sich das reale Leben in Teilen vielleicht wieder, sie ersetzt es nicht.

Die Social Media World ist nur Werkzeug, mögliches Kommunikations- und Informationsmedium, Bilderbuch, Lesebuch, virtuelle Zeitung und vieles mehr – das Leben ist sie nicht.

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