Prostitutionsgesetz von 2002 – Gut gemeint ist nicht unbedingt gut gemacht!

Gut gemeint ist nicht unbedingt gut gemacht, wäre eine passende Überschrift für das „Prostitutionsgesetz“ aus dem Jahr 2002. Im Gegensatz zur Zeitschrift EMMA bin ich aber von der gutgemeinten Grundhaltung der Produzenten/innen des Gesetzes überzeugt. Deshalb unterschreibe ich den Appell gegen Prostitution der Zeitschrift EMMA nicht!Der Vorwurf von EMMA in ihrem Appell gegen Prostitution lautet: „Die Reform des Prostitutionsgesetzes 2002, die angeblich den geschätzt 700 000 Frauen (Mittelwert) in der Prostitution nutzen sollte, trägt die Handschrift der Frauenhändler und ihrer LobbyistInnen.“ Ein solcher Vorwurf ist rein populistisch. Und er hilft keineswegs, die dringend notwendige, seit Jahren brachliegende Neuregulierung des „Prostitutionsgesetzes“ in Gang zu setzen. Die Forderungen des Appells sind so allgemein, dass sie in der jetzigen Situation keinen nennenswerten Mehrwert für eine dringend notwendige politische Entscheidung bringen.

Bereits 01/2007 legte die Bundesregierung (BMFSFJ) einen Bericht zu den Auswirkungen des Prostitutionsgesetzes vor. Schon lange vorher war klar, dass der gutgemeinte Gedanke, durch das „Prostitutionsgesetz“ Prostitution aus dem kriminellen Milieu zu befreien und den Prostituierten mehr Sicherheit zu geben, nicht mal im Ansatz verwirklicht wurde. Die deutsche Gaststätten- und Gewerbeordnung sieht bis heute keine wirklich wirksamen Regelungen vor. Die Polizei- und Ordnungsbehörden dürfen nur sehr eingeschränkt agieren. Auch der Workshop und die Dokumentation „Regulierung von Prostitution und Prostitutionsstätten – ein gangbarer Weg zur Verbesserung der Situation der Prostituierten und zur nachhaltigen Bekämpfung des Menschenhandels. Möglichkeiten und Grenzen des Gewerberechts; Schnittstellen zwischen Gewerbe- und Polizeirecht“ (2012) brachte letztlich kein wirkliches Ergebnis. Die EU verabschiedete 2011 die Menschenhandelsrichtlinie, die auf einen wirksamen Schutz der Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution drängt. In Deutschland wurde sie bisher nicht umgesetzt. Der „Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des Menschenhandels und Überwachung von Prostitutionsstätten“ konnte dann zwar endlich im Juni 2013 vom Deutschen Bundestag verabschiedet werden. Leider hat der Bundesrat den Gesetzentwurf an den Vermittlungsausschuss verwiesen. Dort wird er sicher noch lange liegen bleiben.

Fakt ist:

  • Die Zahl der Opfer von Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung in Deutschland steigt deutlich. (Menschenhandel Bundeslagebericht 2011 des BKA)
  • Demgegenüber sinkt die Zahl der Verurteilungen von Menschenhändlern und  Zuhältern.
  • Polizei-, Ordnungs- und Gewerbeämter haben zur Zeit rechtlich zu wenig Möglichkeiten, Prostitutionsstätten zu überwachen.
  • Kaum jemand in der Prostitution nutzt die Möglichkeit der Sozialversicherung.
  • Das „Prostitutionsgesetz“ von 2002 hat für die meisten Prostituierten und Opfer von Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung keine Verbesserung ihrer Situation gebracht.

Was ist Prostitution?: Eine freiwillig getätigte sexuelle Dienstleistung gegen angemessene Bezahlung? – Ein Beruf, wie jeder andere? – Das Angebot einer sexuellen Dienstleistung aus einer Notsituation heraus? – Die Ausnutzung eines Abhängigkeitsverhältnisses, einer Notlage? – Sklaverei? …?

Alle Antworten helfen den vielen hunderttausend Opfern von Menschenhandel und Zwangsprostitution nicht. Auch der populistische EMMA Appell hilft nicht!

Nur die zügige Schaffung einer gesetzlichen Grundlage gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution kann den Opfern wirksam helfen. Hier sind die Politiker/innen aller Parteien gefordert. Seit Jahren dümpelt die Neuregulierung des „Prostitutionsgesetzes“ als politisches Randthema vor sich hin, ungeachtet der vielen hundertausend Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution. Vielleicht hat eine Neuregulierung des Gesetzes für die wenigen, freiwillig arbeitenden Prostituierten auch negative Folgen. Aber ihr Leben und ihre Gesundheit werden dadurch nicht bedroht. Für die Politikerinnen und Politiker in Deutschland müssen die vielen Menschen, die von Menschenhandel und Zwangsprostitution betroffen sind und deren Leben und physische und psychische Gesundheit bedroht sind, oberste Priorität haben.

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